Nach nimmermüder Agitation hat mich meine Gartenfreundin Anja davon überzeugt, dass ich doch torffreie Erde in meinem naturalistischen Garten zum Topfen, der durch Samen oder Teilung vermehrten Stauden, verwenden sollte.
Ich würd mich freuen, wenn Du dazu
mal was auf Deinem Blog schreibst. Kannst ja meine Ausführungen anbringen nach
dem Motto: "Meine Gartenfreundin Anja meint dazu...
"So, jetzt zum Torf:
Ja, das Thema der Kokoserde aus
Übersee sehe ich auch etwas kritisch. AAAber: das ist dort schlicht ein
Abfallprodukt, das - wenn Du so willst - bei der Bounty- und
Kokosfettherstellung übrigbleibt. Statt es einfach wegzuwerfen, wird nun dieses
Abfallprodukt noch genutzt. Das schafft Arbeitsplätze für die heimische
Bevölkerung. Im Bio- oder Eine-Welt-Laden zahlst Du dann noch einen geringen
Fair-Handels-Bonus, damit die Arbeiter eben nicht nur irgendwie was verdienen,
sondern einen fairen Lohn für ihre Arbeit bekommen. Das rechtfertigt für mich
den Kauf der Blöcke allemal. Trotzdem versuche ist es, im Sinne der
Selbstversorgung mit Erde, im Rahmen zu halten. Da kauf ich dann lieber
Bananen, Tee, Schokolade etc. aus fairem Handel. Und mein Mann natürlich seinen
Kaffee!! Aber fairer Handel ist ein eigenes Thema.
Dann noch Deine Frage zur
Klimaschädlichkeit des Torfabbaus. Die Kohlenstoffspeicherung von Mooren beruht
maßgeblich auf der Wassersättigung des Substrats. Torfmoose wachsen quasi
unentwegt oben weiter, während sie unten im Wasser absterben und zu dem werden,
was wir eben "Torf" nennen. Beim Wachstum binden sie den Kohlenstoff
aus der Luft und der wird dann im Torf eingeschlossen. Bevor man nun den Torf
abbaut und daraus Blumenerde zu machen, muss das Moor natürlich erstmal
grundlegend entwässert werden. Wenn nun das ganze organische Material, dass
ewig (und wir reden hier wirklich von Ewigkeiten, von tausenden von Jahren!!!)
unter anaeroben Bedingungen (also ohne Sauerstoff) gelegen hat, plötzlich an
die Luft kommt, kommt ein irre schneller Mineralisationsprozess in Gang, bei
dem nicht nur Massen an Nährstoffen frei werden, sondern auch ein großer Teil
des gebundenen Kohlenstoffs ausgast. Und das geschieht in Form von
Kohlenstoffdioxid und vor allem Methan, wobei letzteres 20 bis 30 mal
klimaschädlicher eingestuft wird als Kohlenstoffdioxid. Das letzte Bisschen
Kohlenstoffdioxid, das dann noch im Humus des Torfs gebunden ist, kannst Du da
fast schon vergessen.
Sieh es doch mal von der anderen
Seite: Wenn man mal ins Verhältnis setzt, in wieviel Blumenerden Torf ist, dann
müssten ja 99 % aller Landpflanzen in Mooren wachsen! Die meisten Pflanzen
brauchen den Torf nicht. Im Gegenteil, er ist ihnen viel zu sauer - es sei
denn, man will Rhododendron und Azaleen im Garten haben, aber dazu gehörst Du
ja glücklicherweise nicht. Also wird der Torf noch aufgekalkt und aufgedüngt,
damit er irgendwie als Blumenerde genutzt werden kann. Ach ja, aufgedüngt wird
er natürlich mineralisch. Wusstest Du, dass unsere weltweiten Phosphor-Vorräte
fast aufgebraucht sind? Inzwischen werden bereits die letzten Lagerstätten
ausgebeutet, von denen man lange die Finger gelassen hat, weil sie
Uran-verseucht sind. Kein Scherz, überleg Dir, was Du Dir so in den Garten
holst.
Außerdem geht mit der Zerstörung der
Moore ein unglaublicher Lebensraumverlust für Arten einher, die wirklich an die
Bedingungen der Moore angepasst sind, zum Beispielt die faszinierenden
fleischfressenden Pflanzen: Sonnentau und so. Und in menschlichen Dimensionen
gedacht, ist dieser Verlust dauerhaft, wie gesagt, wir reden hier über tausende
von Jahren!
Weiterer Nachteil von Torf: das
schlechte Wasserhaltevermögen, wenn er einmal trocken war. Ich denke, das ist
jedem schonmal passiert, dass ein Blumentopf vollständig ausgetrocknet ist.
Torf zieht sich dann sehr stark zusammen, die Erde löst sich sich dann einen
richtigen Spalt breit vom Topfrand weg. Und wenn Torf einmal trocken ist, hat
er sein Wasserhaltevermögen auf immer eingebüßt. Man sieht dann beim Gießen
richtig, wie das Wasser einfach abperlt. Dann muss man "durchdringend
wässern" und am besten "tauchen". Nützt nicht viel, das Wasserspeichervermögen
ist dahin. Eigener Humus aus gutem Gartenkompost ist da unschlagbar und braucht
vor allem nur ein Tausendstel der Zeit für seine Entstehung.
Den ganzen Aufwand betrachtend:
Entwässerung der Moore, Abbau des Torfs, Transport durch die halbe Welt (der
meiste Torf für unsere Blumenerden kommt nicht von gerade von nebenan, wodurch
die Sache dann nochmals klimaschädlicher wird) finde ich es wirkich
unglaublich, wie billig diese Erden in den Baumärkten dann verkauft werden.
Aber so geht das nunmal, wenn alle anderen in der Handelskette unter
ärmlichsten Bedinungen arbeiten müssen. Kümmert ja niemanden, wenn der
osteuropäische Kleinbauer seine Naturschätze zerstört um irgendwie seine
Familie satt zu kriegen. Also ich meine jetzt satt: nicht ausgewogen und
gesund, nicht, dass die Kinder zur Schule gehen können und natürlich erst recht
keine Arztbesuche im Krankheitsfall, dafür reicht das Geld ja nun nicht!
Und das alles nur, damit wir billige
Blumenerde haben, die dann auch noch qualitätiv mehr als mangelhaft ist???
Sorry, aber WENN ich mir schon
Blumenerde kaufe, dann doch lieber fair gehandelte Kokoserde.
Das war jetzt alles etwas viel und
auch etwas doll belehrend. Aber wie Du siehst, es ist ein ganzheitliches
Problem und seit ich meine Diplomarbeit über ein Moor geschrieben hab,
beschäftigt es mich tatsächlich sehr."
Soweit die Ausführungen von Anja.
Also zu meinem Lieblingsbaumarkt "Globus" und nach torffreier Erde Ausschau gehalten. Ich nehme die Erde von Greenworld mit BIO-Aufschrift (links im Bild). Das klingt gut.
Ein paar Tage später brauche ich Nachschub. Wieder in den
Globus-Baumarkt, wo ich Tage vorher die torffreie Erde (links im Bild) gekauft
habe. In Erinnerung habe ich ASB GREENWORLD, 35 L, das runde BIO-Emblem und die
Blume mit dem Falter!? Also greife ich zu und lade mir den Wagen voll
„torffreie Erde“. Erst zu Hause merke ich, nachdem Hunderte Pflänzchen getopft
sind, dass die Erde gar nicht torffrei ist!!?? Es fehlt ja auch die Aufschrift
„ohne Torf“ und es ist Universalerde und kein Pflanzsubstrat. Auf der Rückseite
der beiden Beutel sind fast identische Texte, und es steht kein Wort von Torf,
wie es meist bei den anderen Firmen steht „hergestellt aus stärker zersetztem
Hochmoortorf…“.
Ist das eine absichtliche Täuschung des Herstellers oder bin ich schon
senil?
Nun sind einige Wochen vergangen. Wir hatten ganz in der Nähe einen Tornado und bei uns hat es sehr stark und lange geregnet.
Wie sehen die Töpfe mit torffreier Erde aus? Im ersten Bild, einem Überblick, muss ich feststellen, dass die Pflänzchen kaum gewachsen sind, ja sogar rückwärts wachsen. In der Nahaufnahme (2. Bild) kann man deutlich sehen, weil vom Regen reingewaschen, dass der Hauptbestandteil wohl Rinde ist, die ja bekanntlich Stickstoff verbraucht, falls überhaupt welcher in der Erde verfügbar ist. Bei den meisten bisher verwendeten Torf-Erden steht auch immer eine umfangreiche Aufdüngung auf dem Beutel. Bei der torffreien Erde von Greenworld steht: "Aus natürlichen, regionalen Rohstoffen, rein organisch aufgedüngt. Nun denke ich, dass organischer Dünger Zeit zur Wirkung braucht. Also kein Wunder das in dieser Erde nichts wächst? Ich habe begonnen die Töpfe mit mineralischen Dünger zu begießen, um noch was zu retten.
Anja Du bist dran. ;-(
Ich habe nachträglich noch drei Bilder eingefügt.
Das erste zeigt einen oft im öffentlichen Grün zu beobachtender Zustand der Pflanzungen. Alles wurde mit Rindenmulch abgedeckt und nach einiger Zeit werden die Pflanzen gelb und wachsen rückwärts. Das scheint ja das gleiche Problem zu sein, wie mit meiner Erde (siehe Bild darüber).
Ich habe mir noch einen Sack gekauft, weil ich den alten schon entsorgt hatte und mir doch noch mal das Kleingedruckte durchlesen wollte.
Da steht: "Sachgerechte Anwendung:...Zur Bodenabdeckung von Pflanzflächen, Stauden- und Ziergehölzpflanzungen. Etwa 10 L/m²gleichmäßig auf den Boden aufbringen und leicht einarbeiten."
ALSO GAR NICHT FÜR TÖPFE GEEIGNET!!??
Und es steht da auch: "Auf Grund eines schwankenden C/N-Verhältnisses kann Stickstoff festgelegt werden. Es empfiehlt sich nach 2 bis 4 Wochen, ..., mit einer Nachdüngung zu beginnen.
Ganz schön kompliziert, torffrei zu gärtnern!?
Im letzten Bild das Substrat, wie es aus der Tüte kommt. Schön weich, die Hände nicht so schwarz färbend und keine Rinde zu sehen.