Sonntag, 17. September 2017

Staudenwiesen in natura

Vor zwei Jahren beklagte ich den Verlust einer Wiese ganz nahe an unserem Dorf (http://wildstauden.blogspot.de/2015/05/unsere-wiesen.html). Kürzlich haben wir, mein Enkel war zu Besuch, hier ganz in der Nähe, etwa 2 km Luftlinie von unserem Garten, eine natürliche Wiese entdeckt, wie man sie kaum noch findet, mit allem, was man sich wünscht. Vor allem jede Menge Schmetterlinge. Ich denke mal, dass die Insekten in meinem Garten diese Distanz überfliegen können und somit ein Biotopverbund gegeben ist. Hoffentlich bleibt die Wiese noch lange von der Gülle verschont.

Mein Enkel, Timon, ist auf Nahaufnahmen spezialisiert.
Tagpfauenauge und C-Falter auf einer Minze
Wasserdost, soweit das Auge blicken kann.
Hier, wie auch im Garten ist der Wasserdost für Schmetterlinge sehr interessant.
Admiral
Zitronenfalter
Tagpfauenauge
Landkärtchen
Blutweiderich mit Biene

Schafgarbe, Wilde Möhre, Rainfarn,...
Rainfarn mit Biene




Mittwoch, 13. September 2017

Invite wildness

Unter diesem Titel zeigt Gayla Trail Wege um die Wildnis in den Garten einzuladen, veröffentlicht im kanadischen Gartenmagazin "Gardenmaking" vom Mai 2007. Sie sind zwar weitgehend bekannt, aber ich möchte sie doch nochmal sinngemäß zusammenfassen:
"Pflanzen sie Nektar- und Pollenreiche Pflanzen um Insekten anzulocken.
Nutzen sie Pflanzen aus ihrer Region, wenn sie ihrem Standort entsprechen.
Sichern sie Blütenreichtum über einen möglichst langen Zeitraum für die Insekten.
Seien sie weniger ordentlich. Lassen sie einen Haufen alter Äste liegen.
Reservieren sie einen Teil des Gartens für eine ungestörte Wiese.
Lassen sie die Pflanzen aussamen und pflanzen sie enger.
Hören sie auf, Pestizide, Herbizide und Kunstdünger zu nutzen.
Graben sie nicht um, sondern bringen sie Kompost oberflächlich ein.
Schneiden sie tote Staudenstängel nicht ab, denn Tiere können sie noch nutzen.
Bringen sie Wasser in den Garten. Ein Teich wäre gut, wenn genug Platz ist, aber auch eine Schüssel mit Wasser hilft den Tieren."

Wie sie sehen, geht es der Autorin darum, Tiere (Wildnis) in den Garten einzuladen. Ich denke aber die Wünsche des Mensch und seine Sehnsucht nach Natur, die tief in uns steckt, ist genau so wichtig für den naturalistischen Garten.





Montag, 11. September 2017

Wild-ish at heart

Unter dieser Überschrift schreibt Tony Spencer im kanadischen Gartenmagazin "Gardenmaking" vom Mai 2017 über die Grundprinzipien für den Naturalistischen Garten. Auch er bezieht sich zunächst auf William Robinson (siehe vorheriges Post) und Piet Oudolf.
"Ein Herzstück der Grundprinzipien ist die Gruppierung von Pflanzen entsprechend ihres Lebensraums (Standortes), sei es Wald, Prärie, Feuchtgebiet oder Steppe.
Der visuelle Schwerpunkt liegt eher bei Struktur und Form, denn bei der Farbe, weil die Struktur während der gesamten Vegetationsperiode besteht, während die Farbe kommt und geht.
Bevorzugt werden eher Pflanzen, die näher an der Wildart sind, mit einem wilderen Charakter und wohlproportionierten Blättern, Stängeln und Blüten, als überzüchtete Sorten. Pflanzen, die das ganze Jahr gut aussehen oder wie Oudolf sagt: "Pflanzen, die elegant sterben." Pflanzen die gut mit Stress und Wettbewerb zurechtkommen."
Das Kapitel "Designing in layers" war für mich unverständlich, deshalb lass ich es weg.
Der Autor gibt eine Reihe konkreter Hinweise, wie ein formaler Garten naturalistisch werden kann:
"Wenn sie einen naturalistischen Garten neu anlegen wollen, wählen sie ein Thema für ihren Garten nach dem sich alles Weitere richtet. Zerstören sie den existierenden Boden möglichst wenig um Unkrautsamen nicht zu wecken. Seien sie in den ersten Jahren ein guter Freund einer langstieligen Hacke um die Unkräuter zu beseitigen. Lassen sie die Pflanzen bis zum zeitigen Frühjahr stehen und entfernen sie sie mit einem Mulchmäher oder einer Motorsense. Akzeptieren sie Unordnung zumindest in einer Ecke des Gartens.
Um einen existierenden Garten Umzugestalten, können sie langsam starten. Einfacher weise verringern sie ihre Pflegeintensität. Lassen sie die Samenstände stehen, anstatt sie abzuschneiden. Pflanzen sie Pflanzen mit einem wilderen Aussehen, wie zum Beispiel Doldenblütler. Pflanzen sie Gräser und Farne. Richten sie ihre Pflanzung danach aus, wo sie am Meisten gesehen wird, aus dem Fenster heraus oder von Sitzplätzen, wo sie sich oft aufhalten. Achten sie auf den natürlichen Lichteinfall um ihre Pflanzung zu beleuchten. Platzieren sie ein oder zwei Einzelpflanzen in die Nähe einer größeren Gruppe oder Drift um den Eindruck zu erwecken, sie hätten sich ausgesät.
Wenn ihr Garten beginnt so auszusehen, als ob alles von selbst gewachsen ist, dann sind sie auf dem richtigen Weg."
 

Gräser im Garten: Deschampsia und Calamagrostis
"Wild" aussehende Pflanzen: Helenium 'Kupferziegel und Aster cordifolius "Twillight'
Scuttelaria incana umringt von Solidago 'Loysder Crown'


Donnerstag, 7. September 2017

Naturalistischer Gartenstil in Kanada

Die kanadische Gartenzeitschrift "Gardenmaking" widmete ihr Heft Nr. 30 vom Mai 2017 dem "New Natural Garden". In den Editor's note wird Thomas Rainer zitiert: "Die Front im Kampf für die Natur ist nicht im Amazonas Regenwald oder in der Wildniss Alaskas sondern in unseren Gärten."
Doch unsere Gärten sind nicht die Natur. Wir tun alles um unsere kleine Ecke der Welt immer schöner zu machen. Die Schönheit liegt in den Augen des Betrachters sagt man, d. h. Schönheit wird verschieden interpretiert; jeder hat seinen eigenen Geschmack; jeder empfindet Schönheit anders. Das stimmt so nicht ganz, denn unser Bild vom Garten, von einer Staudenpflanzung z. B., wurde über einen langen Zeitraum von der englischen Staudenrabatte geprägt. In Büchern und Zeitschriften wird diese immer wieder und immer noch als schöner Garten gezeigt. Unsere Sehgewohnheiten sind darauf fixiert und können sich nur sehr langsam ändern, wenn überhaupt.
Alexandra Rigos vermutet in ihrem sehr lesenswertem Buch "Der Naturgarten", "das es sich mit der Ästhetik naturnaher Gärten nicht anders verhält als mit zeitgenössischer Kunst: Man muss sich auf sie einlassen, sich mit ihr auseinandersetzen, um sie schön zu finden. Dabei gilt es, die eigenen Sehgewohnheiten in Frage zu stellen und offen zu sein für den Reiz des Natürlichen."

Übrigens, eine Gartenfreundin erzählte mir, dass sie eine von ihr angelegte naturnahe Blühfläche im öffentlichen Grün abmähen musste, als dieser Tage die Bundeskanzlerin unsere Gegend besuchte!?

Zurück zu Kanada und dem "New Natural Garden". Die Zeitschrift "Gardenmaking" bat drei Autoren und Gartendesigner mit Expertise für  Naturgärten um ihre Meinung. Ich möchte versuchen, einige Gedanken hier sinngemäß wiederzugeben. "Zugegeben, nichts ist neu an unserem Interesse für die natürliche Welt. Worte, wie Nachhaltigkeit, natürlich, ökologisch, Biodiversität u. a. sind dem Gartenfreund bekannt", meint Beckie Fox, die Herausgeberin von "Gardenmaking".
"Neu ist die Anzahl der Beiträge in Büchern, Workshops und Websites, die das Engagement für die Natur zwischen anscheinend chaotischen oder wilden Gärten und ästhetisch ansprechenden Bepflanzungen ausbalancieren. Was bedeutet ästhetisch ansprechend?"
In diesem Post soll die  erste Autorin, Belinda Gallagher von der Universität Guelph  zu Wort kommen. Sie fragt: "Können wir den New Natural Garden begeistert annehmen?", "Was bedeutet es für uns den New Natural Garden anzunehmen? Die Gartenfreunde sind müde, ob des täglichen Kampfs zwischen Mensch und Natur. Sie suchen einen mehr passiven Weg des Gärtnerns, einen mehr nachhaltigen und mit der Umwelt im Einklang befindlichen Weg." Belinda Gallagher gibt zu Bedenken, dass der naturalistische Stil nicht wirklich neu ist, sondern zum Teil in dem Werk von William Robinson mehr als ein Jahrhundert zuvor begründet ist. Über William Robinson schrieb ich bereits 2012 und 2015 in den Posts:
http://wildstauden.blogspot.de/2012/02/naturalistischer-gartenstil.html und http://wildstauden.blogspot.de/2015/05/unsere-wiesen.html.
"In den letzten 25 Jahren war es vor allem der holländische Gartendesigner Piet Oudolf, der mehr Natur in den Garten brachte.
Was sind die Schwierigkeiten, wenn wir diesen Stil in unseren Gärten anwenden? Die erste Schwierigkeit ist das Fehlen einer klaren Definition. Die Begriffe verschwimmen zwischen: einheimisch, naturalistisch, umweltfreundlich, biodivers und informell. Belinda Gallagher hält drei harmonische Interaktionen für wichtig: Plants to place, Plants to people und plants to other plants. Was ist damit gemeint?
Pflanzen und ihr Standort bedeutet weg vom Focus auf die einzelne Pflanze, hin zu einer Pflanzengemeinschaft, die im Garten verwirklicht werden soll, wie z. B. Wald, Feuchtgebiet, Wiese,...Städtische Gärten sind natürlich weniger geeignet.
Pflanzen und die Menschen bedeutet, ungeachtet des Wunsches für eine Wildnis muss der Garten noch als Garten zu erkennen sein. Die Gemeinden sind oft gegen die Naturgartenbewegung. (siehe oben, der Besuch der Bundeskanzlerin). Belinda Gallagher zitiert Virginia Scott Jenkins: "In unserer Gesellschaft werden die Leute in Amerika danach beurteilt, wie gepflegt ihr Rasen ist. Ist der Rasen in Ordnung, ist auch die Familie in Ordnung."
Ähnliches berichteten mir junge Besucher meines Gartens:"Gut und schön ihr naturalistischer Garten, aber in unserer Siedlung könnten wir das nicht machen. Die Nachbarn würden einen Ehekrach vermuten und das die Frau wohl ausgezogen ist?"
Belinda Gallagher meint, die Design-Antwort ist eine Umrandung der wilden Flächen durch gemähte Rasenwege, Bux- oder Lavendelhecken u. a..
Was ist die Rolle des Gärtners im naturalistischen Garten? Es ist nicht so viel zu tun, aber man sollte nicht glauben, das ein Naturgarten keiner Pflege bedarf. Auch dieser Garten muss geplant, gepflanzt und gepflegt werden und zwar besonders in den ersten Jahren.
Pflanzen und andere Pflanzen Die größte Schwierigkeit im New Natural Garden ist die Auswahl der Pflanzen. Dazu ist mehr Wissen notwendig, als auf den Schildern am Topf gegeben wird. Es ist nicht genug zu wissen welche Frosthärte, welche Licht- und Wasserbedürfnisse die Pflanzen haben. Für einen naturalistischen Garten sollte man auch wissen, wie die Wurzeln der Pflanze aussehen, die Veranlagung zum Wuchern, die genetische Vielfalt,..."

Zusammenfassend konstatiert Belinda Gallagher: "Möglicherweise das ist es was der New Garden Stil tun kann. Er kann Kontakte schließen zwischen dem Ordentlichen und dem Wilden, dem Kontrollierten und dem Verspielten, dem Farbprächtigen und den mehr gedeckten Farben."

Ich habe mal den Originaltext links abgebildet, da ich mit der Feststellung der Autorin so nicht viel anfangen kann. Möglicherweise ist meine Übersetzung fehlerhaft?

Nur "Kontakte schließen" wäre mir zu wenig!