Die kanadische Gartenzeitschrift "Gardenmaking" widmete ihr Heft Nr. 30 vom Mai 2017 dem "New Natural Garden". In den Editor's note wird Thomas Rainer zitiert: "Die Front im Kampf für die Natur ist nicht im Amazonas Regenwald oder in der Wildniss Alaskas sondern in unseren Gärten."
Doch unsere Gärten sind nicht die Natur. Wir tun alles um unsere kleine Ecke der Welt immer schöner zu machen. Die Schönheit liegt in den Augen des Betrachters sagt man, d. h. Schönheit wird verschieden interpretiert; jeder hat seinen eigenen Geschmack; jeder empfindet Schönheit anders. Das stimmt so nicht ganz, denn unser Bild vom Garten, von einer Staudenpflanzung z. B., wurde über einen langen Zeitraum von der englischen Staudenrabatte geprägt. In Büchern und Zeitschriften wird diese immer wieder und immer noch als schöner Garten gezeigt. Unsere Sehgewohnheiten sind darauf fixiert und können sich nur sehr langsam ändern, wenn überhaupt.
Alexandra Rigos vermutet in ihrem sehr lesenswertem Buch "Der
Naturgarten", "das es sich mit der Ästhetik naturnaher Gärten nicht
anders verhält als mit zeitgenössischer Kunst: Man muss sich auf sie einlassen,
sich mit ihr auseinandersetzen, um sie schön zu finden. Dabei gilt es, die
eigenen Sehgewohnheiten in Frage zu stellen und offen zu sein für den Reiz des
Natürlichen."
Übrigens, eine Gartenfreundin erzählte mir, dass sie eine von ihr angelegte naturnahe Blühfläche im öffentlichen Grün abmähen musste, als dieser Tage die Bundeskanzlerin unsere Gegend besuchte!?
Zurück zu Kanada und dem "New Natural Garden". Die Zeitschrift "Gardenmaking" bat drei Autoren und Gartendesigner mit Expertise für Naturgärten um ihre Meinung. Ich möchte versuchen, einige Gedanken hier sinngemäß wiederzugeben. "Zugegeben, nichts ist neu an unserem Interesse für die natürliche Welt. Worte, wie Nachhaltigkeit, natürlich, ökologisch, Biodiversität u. a. sind dem Gartenfreund bekannt", meint Beckie Fox, die Herausgeberin von "Gardenmaking".
"Neu ist die Anzahl der Beiträge in Büchern, Workshops und Websites, die das Engagement für die Natur zwischen anscheinend chaotischen oder wilden Gärten und ästhetisch ansprechenden Bepflanzungen ausbalancieren. Was bedeutet ästhetisch ansprechend?"
In diesem Post soll die erste Autorin, Belinda Gallagher von der Universität Guelph zu Wort kommen. Sie fragt: "Können wir den New Natural Garden begeistert annehmen?", "Was bedeutet es für uns den New Natural Garden anzunehmen? Die Gartenfreunde sind müde, ob des täglichen Kampfs zwischen Mensch und Natur. Sie suchen einen mehr passiven Weg des Gärtnerns, einen mehr nachhaltigen und mit der Umwelt im Einklang befindlichen Weg." Belinda Gallagher gibt zu Bedenken, dass der naturalistische Stil nicht wirklich neu ist, sondern zum Teil in dem Werk von William Robinson mehr als ein Jahrhundert zuvor begründet ist. Über William Robinson schrieb ich bereits 2012 und 2015 in den Posts:
http://wildstauden.blogspot.de/2012/02/naturalistischer-gartenstil.html und http://wildstauden.blogspot.de/2015/05/unsere-wiesen.html.
"In den letzten 25 Jahren war es vor allem der holländische Gartendesigner Piet Oudolf, der mehr Natur in den Garten brachte.
Was sind die Schwierigkeiten, wenn wir diesen Stil in unseren Gärten anwenden? Die erste Schwierigkeit ist das Fehlen einer klaren Definition. Die Begriffe verschwimmen zwischen: einheimisch, naturalistisch, umweltfreundlich, biodivers und informell. Belinda Gallagher hält drei harmonische Interaktionen für wichtig: Plants to place, Plants to people und plants to other plants. Was ist damit gemeint?
Pflanzen und ihr Standort bedeutet weg vom Focus auf die einzelne Pflanze, hin zu einer Pflanzengemeinschaft, die im Garten verwirklicht werden soll, wie z. B. Wald, Feuchtgebiet, Wiese,...Städtische Gärten sind natürlich weniger geeignet.
Pflanzen und die Menschen bedeutet, ungeachtet des Wunsches für eine Wildnis muss der Garten noch als Garten zu erkennen sein. Die Gemeinden sind oft gegen die Naturgartenbewegung. (siehe oben, der Besuch der Bundeskanzlerin). Belinda Gallagher zitiert Virginia Scott Jenkins: "In unserer Gesellschaft werden die Leute in Amerika danach beurteilt, wie gepflegt ihr Rasen ist. Ist der Rasen in Ordnung, ist auch die Familie in Ordnung."
Ähnliches berichteten mir junge Besucher meines Gartens:"Gut und schön ihr naturalistischer Garten, aber in unserer Siedlung könnten wir das nicht machen. Die Nachbarn würden einen Ehekrach vermuten und das die Frau wohl ausgezogen ist?"
Belinda Gallagher meint, die Design-Antwort ist eine Umrandung der wilden Flächen durch gemähte Rasenwege, Bux- oder Lavendelhecken u. a..
Was ist die Rolle des Gärtners im naturalistischen Garten? Es ist nicht so viel zu tun, aber man sollte nicht glauben, das ein Naturgarten keiner Pflege bedarf. Auch dieser Garten muss geplant, gepflanzt und gepflegt werden und zwar besonders in den ersten Jahren.
Pflanzen und andere Pflanzen Die größte Schwierigkeit im New Natural Garden ist die Auswahl der Pflanzen. Dazu ist mehr Wissen notwendig, als auf den Schildern am Topf gegeben wird. Es ist nicht genug zu wissen welche Frosthärte, welche Licht- und Wasserbedürfnisse die Pflanzen haben. Für einen naturalistischen Garten sollte man auch wissen, wie die Wurzeln der Pflanze aussehen, die Veranlagung zum Wuchern, die genetische Vielfalt,..."
Zusammenfassend konstatiert Belinda Gallagher: "Möglicherweise das ist es was der New Garden Stil tun kann. Er kann Kontakte schließen zwischen dem Ordentlichen und dem Wilden, dem Kontrollierten und dem Verspielten, dem Farbprächtigen und den mehr gedeckten Farben."
Ich habe mal den Originaltext links abgebildet, da ich mit der Feststellung der Autorin so nicht viel anfangen kann. Möglicherweise ist meine Übersetzung fehlerhaft?
Nur "Kontakte schließen" wäre mir zu wenig!